Weißtanne (Abies alba) | Pflanze des Monats Mai

Von der Tanne, die zur Familie der Kiefergewächse (Pinaceae) gehört, gibt es weltweit vierzig unterschiedliche Arten.  Ihnen ist gemeinsam, dass sie in der gemäßigten Klimazone verbreitet sind und vorwiegend in bodenfeuchten Wäldern wachsen. Die Weißtanne (Abies alba) ist dabei als einziger heimischer Vertreter zu nennen ist.

 

Der Tannenbaum wächst kegelförmig aufrecht, mit einer tiefreichenden Pfahlwurzel und einer charakteristischen etagenartigen Verzweigung. Die Nadeln sind dunkelgrün, weisen auf der Unterseite zwei helle Streifen (Stromabänder) auf und werden nur alle acht bis zehn Jahre erneuert. Als markantes Unterscheidungsmerkmal zur Fichte gelten die Zapfen, denn diese stehen bei der Tanne stolz aufrecht – wie die Kerzen auf dem Christbaum  –  wohingegen Fichtenzapfen herabhängen.

Bereits seit Urzeiten werden sämtliche Pflanzenteile für das Wohlbefinden und zur Heilung eingesetzt. Die ätherischen Öle der Nadeln und des Harzes umfassen diverse Mono- und Sesquiterpene, darunter alpha-Pinen, Camphen, Limonen, alpha-Caryophyllen, sowie Monoterpenole und Ester mit Bornylacetat, Geranylacetat. Ihnen wird eine desinfizierende, schleimlösende, schmerzstillende, entzündungshemmende, durchblutungsfördernde sowie aufbauende und knochenstärkende Wirkung zugeschrieben.

Jetzt im Mai leuchten die hellgrünen Jungtriebe, auch bekannt als „Maiwipferln“, regelrecht auf den Astspitzen der Tannenbäume.  Diese können geerntet und direkt vernascht werden und sind besonders reich an ätherischen Ölen und Vitamin C. Man kann sie aber auch sammeln, mit Zucker schichtweise in ein Glas füllen und anschließend mit Frischhaltefolie bedeckt in der Sonne stehen lassen, bis sich der Zucker auflöst. Dann werden die Wipferln abgeseiht und man erhält einen wunderbar schleimlösenden und entzündungshemmenden Hustensaft. Auch ein Aufguss der frischen Triebe hilft bei Husten, Bronchitis, gibt neue Kraft und wird bei Frühjahrmüdigkeit empfohlen.

Darüber hinaus wird der Duft der ätherischen Öle zur Inhalation, als Bad oder Saunaaufguss angewendet. Dadurch wird die Lungendurchblutung gefördert, es kommt mehr Sauerstoff in den Körper, was insbesondere für Menschen mit Atembeschwerden (Erkältung, Asthma, COPD) wohltuend wirkt. Die Atmung wird vertieft und das Nervensystem dabei unterstützt, nach einem vielleicht anstrengendem Tag zur Ruhe zu kommen.

 

Die Tannenknospen werden in der Gemmotherapie sowohl prophylaktisch als auch Therapie-begleitend bei Osteoperose empfohlen. Denn die Tanne unterstützt die Calcium-Resorption aus der Nahrung und den Einbau der Mineralstoffe in den Knochen. Auch bei Wachstumsschmerzen bei Kindern ist das Gemmomazerat sehr hilfreich.
Das Harz wird gerne in Gelenkssalben eingearbeitet, welche sich aufgrund der durchblutungsfördernden, entzündungshemmenden Wirkung besonders gut bei Arthritis, Rheuma und Gicht eignet. In der Aromatherapie wird der Tannenbaum neben den bereits erwähnten positiven Effekten auf das Atem- und Nervensystem auch zur Raumluftverbesserung bzw. -desinfektion eingesetzt.

Mag. Karin Kirchengast